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Jahrestagung 2018

Nach zweijähriger Arbeit der Allianz Vielfältige Demokratie präsentierten 140 Mitglieder aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft am 11. Januar in Berlin ihr Reformprogramm für die Erneuerung der demokratischen Beteiligung in Deutschland. Auf dem Fachkongress „Mitreden, mitgestalten, mitentscheiden“ diskutierten sie darüber mit Vorreiter*innen, Fachkundigen und Praktizierenden aus Politik, Ministerien, Kommunen und der Bevölkerung.

„Die erprobten Verfahren der repräsentativen Demokratie, wie Wahlen und Parteien, müssen ergänzt werden um  dialogorientierte und direktdemokratische Elemente,“ fordert unsere Demokratieexpertin Christina Tillmann.

Wenn Bürger*innen mitgestalten, steigt ihr Vertrauen in die Demokratie

Claudine Nierth, Vorstandssprecherin des Vereins Mehr Demokratie e.V. formuliert ihre wichtigste Erkenntnis so: „Je mehr sich die drei Säulen unserer Demokratie, parlamentarische, direkte und dialogische verbinden, desto umfassender sind die Lösungen und größer die Zufriedenheit aller Beteiligten.“ So könnten durch gemeinsames frühzeitiges Handeln zum Beispiel Volksabstimmungen durch dialogorientierte Verfahren ergänzt, vorbereitet oder sogar in Einzelfällen überflüssig werden.

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Das Zusammenspiel verschiedener Beteiligungsformen kann dem Trend entgegenwirken, dass sich unsere Gesellschaft polarisiert. “Wenn Menschen früh, ergebnisoffen und transparent einbezogen werden, wächst das Vertrauen in die Demokratie. Bürgerdialoge, mitgestaltende Beteiligung und Abstimmungen sind Wege, um die Distanz zwischen der politischen Elite und den Bürgern zu überwinden und dem Populismus entgegenzuwirken”, so Anna Renkamp, unsere Expertin für Bürger*innenbeteiligung. Vor allem bei Fragen, die Konflikte auslösen und emotional aufgeladen sind, fördern partizipative Verfahren, dass sich gegnerische Parteien besser verstehen.

Vielfältige Demokratie – Statements aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft

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Viele der Kongressteilnehmenden erklären, wie sie sich in ihrem Wirkungskreis für die bessere Gestaltung der Vielfältigen Demokratie einsetzen:

1. Bürger*innen direkt in Gesetzgebungsverfahren einbeziehen

Wie die Bevölkerung schon frühzeitig an der Erarbeitung von neuen Gesetzen mitarbeiten kann, zeigt das von der Allianz erarbeitete Modell für partizipative Gesetzgebung. In Baden-Württemberg werden inzwischen alle Gesetzesentwürfe für die Kommentare von Bürger*innen offen gelegt. „Das steigert die Qualität der Gesetze und erhöht ihre Akzeptanz in der Bevölkerung. Die verbindlichen Regelungen zur Bürgerbeteiligung machen viel aus. In Baden-Württemberg hat genau das zu einem richtigen Kulturwandel geführt,“ so Gisela Erler, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, Staatsministerium Baden-Württemberg und Mitglied der Allianz Vielfältige Demokratie.

2. Wenn sich die Öffentlichkeit frühzeitig beteiligt, verringern sich Konflikte

Mit der „Handreichung zum Beteiligungs-Scoping“ können Projektplanende Beteiligungsverfahren gut vorbereiten. „Gerade bei großen Infrastrukturvorhaben ist frühzeitige Bürgerbeteiligung ein Muss,“ so Professor Dr. Dirk Rompf, Vorstand Netzplanung und Großprojekte der DB Netz AG. Erfahrungen hätten gezeigt, dass mehr Verständnis für die Prozesse und auch bessere Planungen entstehen, wenn Bürger*innen einbezogen werden. Konflikte würden so nicht eskalieren, sondern sachlich angegangen werden. Im Gegenzug werden Vorhaben schneller und kostengünstiger realisiert. „So spart Bürgerbeteiligung Zeit und Geld“, so Rompf.

3. Durch (neue) Dialog- und Beteiligungsformate bislang unbeteiligte Gruppen aktivieren und dem Populismus vorbeugen

Wenn die Politik die Bevölkerung aufsucht und offensiv dazu einlädt, an Projekten für Bürger*innenbeteiligung mitzuwirken, wenn sie dort erleben, dass sie gehört und ihre Ideen berücksichtigt werden, steigt ihre Bereitschaft, die Gesellschaft mitzugestalten. Carola Veit, Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft und Mitglied der Allianz, hat im eigenen Wahlkreis erfahren, dass sie auch scheinbar ‚abgehängte Gruppen‘ für Partizipation begeistern konnte und dass die Beteiligung der Bürger*innen hilft, Populismus vorzubeugen. Dabei reiche es aber nicht, wie gehabt auf Bürger*innensprechstunden und eingefahrene Wege zu beharren. Die Politik müsse zuhören und mehr auf ihre Bevölkerung zugehen, findet Veit. Wie das gelingt, zeigt der Wegweiser breite Bürger*innenbeteiligung der Allianz.

4. Wenn Bürger*innen zufällig ausgewählt werden, kommen vielfältige Meinungen zusammen

Bei vielen Beteiligungsverfahren hilft es, die Teilnehmenden zufällig auszuwählen und so die Menschen einzubeziehen, die sich normalerweise nicht beteiligen. Zufällig ausgewählte Gruppen können die verschiedenen Meinungen der Bevölkerung repräsentieren. Das Verfahren wird vermehrt bei Beteiligungsverfahren auf der Bundesebene und der Länderebene praktiziert, wie z. B. bei dem Verfahren der Bürger*innenbeteiligung zum Klimaschutzplan 2050 des Bundesumweltministeriums. Ein Leitfaden Bürger*innenbeteiligung mit Zufallsauswahl zeigt, wie es geht.

5. Mehr Qualität und Transparenz von Beteiligung durch verbindliche Spielregeln sicherstellen

Nur gut gemachte Bürger*innenbeteiligung hat eine Chance, die Zufriedenheit mit der Demokratie zu steigern. Die zehn Qualitätsgrundsätze sind dafür eine hilfreiche Checkliste. Die Mitglieder der Allianz Vielfältige Demokratie nutzen diese Checkliste bereits und das zeigt: Grundsätze für Qualität, die einen frühzeitigen Start, ausreichende personelle und finanzielle Mittel sowie einen klaren Umgang mit Ergebnissen der Beteiligung von Bürger*innen regeln, sorgen für einen Qualitätsschub.

6. Beteiligung in Kommunen durch Leitlinien und Satzungen verankern

Beispiele aus vorreitenden Kommunen der Allianz Vielfältige Demokratie zeigen: Durch Satzungen und Leitlinien gelingt es, die Beteiligung der Bevölkerung in der Kommunalpolitik zu etablieren. Sie sind gute Anker, um eine verlässliche und kontinuierliche Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung und Volk zu sichern und eine Beteiligungskultur zu entwickeln.

7. Partizipationskompetenzen erwerben und Serviceeinheiten aufbauen

Durch Organisationseinheiten in Ministerien und Behörden werden Kompetenzen für Bürger*innenbeteiligung nachhaltig verankert. Curricula hierzu in der Aus- und Weiterbildung von Verwaltungskräften sowie ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen sorgen für Qualität und Professionalität von Bürger*innenbeteiligung.

Interessante Dokumente zur Jahrestagung

Impulspapier “Mitreden, Mitgestalten, Mitentscheiden”
Begrüßung Fachtagung – Christina Tillmann
Hintergrund der Allianz
Meinungsbild Vielfältige Demokratie
Vorstellung der Allianz, ihrer Themen und Produkte