Jahrestagung 2022
Nachdem der Austausch zwischen den Mitgliedern der Allianz Vielfältige Demokratie in den letzten Jahren hauptsächlich in Videokonferenzen stattgefunden musste, war es umso schöner, dass die Jahrestagung 2022 wieder analog stattfinden konnte. In der Mainzer Staatskanzlei kamen rund 100 Personen zusammen, um sich über ihre Erfahrungen in der Bürger*innenbeteligung auszutauschen, interessanten Redebeiträgen zuzuhören, sich an Thementischen zu informieren und um die Themenkreise der Allianz voranzutreiben.
Jörg Sommer, Direktor des Berlin Institut für Partizipation, eröffnete die Jahrestagung und übergab dann an die beiden Moderatorinnen Dr. Ruth Beilharz und Delisa Bangura. Die Tagung begann mit einem programmatischen Redebeitrag der Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer.
Partizipation auch bei drängenden Problemen
Neben einem Input zum Stand der Bürger*innenbeteligung in Rheinland-Pfalz stellte Frau Dreyer die wegweisende Frage, wie wir Bürger*innenbeteligung bei existenziellen Fragen wie dem Kampf gegen den Klimawandel hochwertig organisieren können. Auf der einen Seite haben die Bürger*innen gerade in Fällen mit so hoher Tragweite das Recht mitzureden und in Entscheidungen eingebunden zu werden. In diesem Kontext hob Frau Dreyer auch noch einmal hervor, dass Beteiligung elementar ist, um nachhaltigen Fortschritt zu erzielen und wichtiger wird, je komplexer das Thema ist. Auf der anderen Seite nehmen Beteiligungsprozesse viel Zeit in Anspruch. Zeit, in der der Klimawandel immer weiter voranschreitet. Für dieses Dilemma müssten neue Wege gefunden werden und Planungsprozesse verkürzt werden, ohne die Beteiligung zu gefährden. Zuletzt beschäftigt sich auch Frau Dreyer mit der Frage, wie man mit Menschen umgeht, die den Staat inzwischen komplett ablehnen.
Partizipation zukunftsorientiert gestalten
Im Anschluss an diesen äußerst interessanten Redebeitrag leitete die Moderation zu drei Impulsvorträgen von Jörg Sommer, Michaela Evers-Wölk (Zukunftsforscherin) und Jakob Blasel (Klimaaktivist und Bundestagskandidat der Grünen) mit anschließender Podiumsdiskussion über.
Die Podiumsdiskussion eröffnete dem Publikum die Möglichkeit, Fragen an die Imputgeber*innen sowie Malu Dreyer zu stellen. Hierbei ging es vor allem auch um die Mitgestaltungsmöglichkeiten junger Menschen. Besonders Blasel hob hervor, dass jungen Menschen inzwischen zwar zugehört wird, sich aus diesem Zuhören aber oft noch keine Handlungen ableiten. Er forderte, dass der jungen Generation Macht im und außerhalb des Parlaments zur Gestaltung ihrer Zukunft gegeben wird. Außerdem müssten, darin waren sich alle vier Vortragenden einig, die Ergebnisse von Beteiligungsangeboten an Jugendliche und junge Menschen auch umgesetzt werden. Die sonst einsetzende Frustration schade andernfalls der Bereitschaft, sich an zukünftigen Projekten zu beteiligen.
Intensiver Austausch
Nach einer kurzen Stärkungspause begann die Phase der Thementische. In zwei Runden wurden je 8 Thementische angeboten. Die Ergebnisse und Diskussionsgegenstände haben wir Ihnen zusammen mit den Impulsvorträgen zum Download zusammengestellt.
Interessante Dokumente zur Jahrestagung
Bevor die Staatskanzlei die Teilnehmenden mit Speisen versorgte, wurden die Thementische in eine freie Netzwerkphase mit thematischen Hotspots übergeleitet. In diesem Zeitraum wurden neue Kontakte geknüpft, zuvor angefangene Diskussionen weitergeführt oder sich schlicht über verschiedene Aspekte der Bürgerbeteiligung ausgetauscht.
Praxiserfahrungen aus der Region
Die Moderation des Abends übernahm Janboris Rätz vom SWR. Nach einer kurzen Begrüßung durch Fabian Kirsch, Chef der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, wurde die zweite Podiumsdiskussion des Tages eingeleitet. Diesmal mit und über das Bündnis “Demokratie gewinnt” und das Hambacher Schloss, inklusive eines kurzen Videos über die Demokratietage der letzten Jahre. Neben vielen positiven Erfahrungen im Rahmen der Förderung der Beteiligungskultur und der Demokratieentwicklung wurden auch negative Erfahrung mit Demokratiefeinden geteilt, die am 28.05.22 das Demokratiefest und die Übergabe des Friedenspreises an den Alt-Bundespräsidenten Joachim Gauck störten. Aus dieser Erfahrung heraus entstand eine Diskussion, wie man mit Demokratiefeinden umgeht.
Die Rolle der Medien in der Demokratie
Ein Thema, das auch Dr. Peter Frey, Chefredakteur des ZDF, in seiner auf die Podiumsdiskussion folgenden Rede noch einmal aufgriff.
Er berichtet von seinen Erfahrungen im Umgang mit den zuvor erwähnten Demokratiefeinden. Es sei wichtig, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen, ihnen aber sachlich und inhaltsstark zu widersprechen. Gerade bei Treffen in Stadthallen habe er die Erfahrung gemacht, dass man vielen Skeptiker*innen begegnen und auf einen gemeinsamen Grund kommen kann. Dem gegenüber stehen Akteure, die nur kommen, um das Event zu stören und ihre Ablehnung gegenüber der Demokratie und den öffentlich-rechtlichen Medien kund zu tun. Hier müsse man hingegen eine klare Kante zeigen. Außerdem teilte Dr. Frey einige Gedanken und klare Worte in Bezug zum Ukrainekrieg. Zum einen sprach er die deutsche Zögerlichkeit an, zum anderen erörterte er mögliche Ausgangsszenarien. Die Kommentare von Dr. Frey sorgten für viel Gesprächsstoff unter den Teilnehmenden im Anschluss an die Abendveranstaltung, aber auch für viel Respekt für die klaren Worte.
Zum Abschluss des Abendprogramms wurde der Medienpreise der Allianz Vielfältige Demokratie verliehen. Der Medienpreis ging dieses Mal an die Dokumentarreihe „Zeit für Local Heroes“. Die Journalist*innen begleiteten für ein Jahr die Arbeit von Kommunalpolitiker*innen in ganz Deutschland und zeigen, warum sich Engagement an der Basis der Demokratie lohnt – trotz angespannter Lage. Die insgesamt 15-teilige crossmediale Dokumentationsreihe wurde vom RBB und BR initiiert und gedreht. Ausgestrahlt wurde die Reihe im ARD-Mittagsmagazin. Neben „Zeit für Local Heroes“ waren Alexandra Endres (freie Journalistin) für ihren Bericht zum Stand der Endlagersuche in Deutschland sowie Vera Wolfskämpf und Justus Kliss (ARD) für ihren Podcast zum Thema „Bundesweite Volksentscheide? Was dann?“ nominiert. Alle drei Beiträge werden von der Allianz Vielfältige Demokratie honoriert.
Thematische Zusammenarbeit
Auch der zweite Tag stand unter dem Motto des intensiven Austausches. Diesmal allerdings nicht im Plenum, sondern in den fünf Themenkreisen der Allianz. Die einzelnen Ergebnisse und Protokolle können Mitglieder in den jeweiligen Gruppen auf der Allianzplattform herunterladen werden. Wir bedanken uns bei allen Teilnehmer*innen der Konferenz und freuen uns auf die zukünftige Zusammenarbeit sowie die nächste Jahrestagung.
Fotostrecke
Alle Bildrechte liegen bei der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz sowie bei den Fotografen Jonas Werner-Hohensee (Tagesveranstaltung) und Kristina Schäfer (Abendveranstaltung)